Ein Meisterstück des Krippenbaus

Die Ferdinand-Plattner-Krippe

Ein Herzstück der Sarnser Krippenschule befindet sich seit 1955 im Vinzentinum. Es handelt sich um eine orientalische Krippe des Krippenpioniers Ferdinand Plattner. Der Verband der Krippenfreunde Südtirols ließ 1996/97 die wertvollen Figuren dieser Krippe durch den Brixner Josef Hackhofer, den letzten noch lebenden Schüler der Sarnser Krippenschule, restaurieren. Im Zuge der Generalsanierung des Vinzentinums wurde ein Zimmer vor dem Eingang zur Seminarkirche für diese Krippe reserviert. Sie wurde Ende 1999 dort aufgestellt und anlässlich der 50-Jahr-Feier des Todes von Ferdinand Plattner am 22. Jänner 2000 öffentlich zugänglich gemacht.

Der Krippenberg wurde von Ägidius Überbacher auf raumfüllendem Tisch von 290 cm Breite und 186 cm Tiefe unter Mitverwendung originaler Architekturreste Plattners und in Anlehnung an die Stilformen der Sarnser Krippenschule neu erstellt: In der Mitte befindet sich der Ruinenstall mit seitlichem Turm, dahinter steht eine orientalische Gebäudegruppe; rechts ein Treppenweg, der durch ein Tor führt und durch eine Gebäudegruppe rechts außen abgeschlossen wird; links vom Stall wieder ein Hohlweg, eine Hütte am Rand, dahinter eine Häusergruppe mit Torturm. Der Vordergrund des Krippenberges ist breit gestaffelt und mit Sand bestreut. Die Häusergruppen und die Landschaft sind durch Palmen und Zypressen aufgelockert. Den Hintergrund mit sanfter Hügellandschaft und blauem Himmel malte Restaurator Josef Leiter. 

Die Aufstellung der geschnitzten und gefassten Krippenfiguren erfolgte nach Anweisung von Josef Hackhofer, der die Aufstellung in Sarns noch in Erinnerung hatte. Die bis zu 35 cm hohen Krippenfiguren gehören dem spätnazarenischen Stil an. Sie wurden zum Teil von Ferdinand Plattner selbst, zum Teil von seinen Schülern nach Vorlagen von Ausschneidekrippen von Josef Führich, Edmund von Wörndle, Philipp Schumacher und Josef Bachlechner geschnitzt: Im Stall Maria mit dem Kind, Josef und Hirten; über dem Stall der Gloriaengel und zwei anbetende Engel; vor dem Stall Hirten, die Könige mit ihrem Tross; rechts Hirten, Männer und Frauen, Pferde mit Knechten, Kamele mit Treibern; links Figuren des ländlichen Lebens mit Ziegen und Schafen; im Hintergrund die Verkündigung am Hirtenfeld. Im Ganzen besteht die Krippe aus ca. 35 Figuren und vielen Tieren. 

Der Krippenpionier Ferdinand Plattner 

Ferdinand Plattner wurde 1869 in Steinach am Brenner als Sohn eines Tischlers und Altarbauers geboren. Er studierte im Vinzentinum unter anderem mit Sebastian Rieger (Reimmichl), Anton Müller (Bruder Willram), dem Maler Orazio Gaigher und dem Naturkundler Karl Meusburger. Nach Abschluss der Gymnasialstudien trat er ins Brixner Priesterseminar ein. Seine ersten Posten in der Seelsorge waren Schlitters und Flaurling. 

Im Jahre 1906 wurde der gesundheitlich angeschlagene Plattner als Seelsorger und Direktor des Pflegeheimes für dienstunfähige Geistliche nach Sarns berufen. Er bewies in diesem schwierigen Amt viel Geduld. Gleichzeitig war er der Bevölkerung von Sarns ein väterlicher Freund, den Studenten, Kirchensängern, Theologen und Geistlichen stets ein großzügiger Gastgeber. Er setzte sich für den Bau der Wasserleitung ein, plante selber die Straße nach Sarns und leitete deren Bau.

Seine große Leidenschaft galt jedoch schon von Kindesbeinen an dem Krippenbau. Nach der Gründung des Vereines der Tiroler Krippenfreunde 1909 in Innsbruck wurde er im südlichen Tirol einer der rührigsten Förderer des Krippenwesens. In seiner Freizeit griff er immer wieder auch selber zum Schnitzeisen und baute eine Vielzahl von Krippen in orientalischer und tirolischer Stilart. 

Als man in den Zwanziger Jahren den Entschluss fasste, in Brixen ein eigenes Krippenmuseum einzurichten, wurde Ferdinand Plattner mit dem Ausbau und der Gestaltung dieses Museums beauftragt. Wahrscheinlich war dies mit ein Grund, dass er 1924 in Sarns eine Krippenschule ins Leben rief, in der sich junge Männer unter seiner Leitung im Schnitzen von Figuren und im Bauen von Krippenbergen weiterbilden konnten. Ungezählte Krippen sind aus seiner Krippenschule über die Grenzen unseres Landes hinaus verbreitet worden.

Ferdinand Plattner starb 1950. 

Karl Wolfsgruber

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